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Freitag, 23. Dezember 2011

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.


Seit einigen Tagen beginnen nun auch hier an Bord intensiv die Weihnachtsvorbereitungen. Jeden Tag gibt es in der Messe nun bereits statt den sonst üblichen Kuchen und Kaffeestückchen Stollen, Plätzchen und Lebkuchen.

Im Kabelgatt, der Werkstatt des Bootsmanns, sind unsere philippinischen Kollegen für die Weihnachtsdekoration zuständig. So funkeln nun seit einigen Tagen diverse ziemlich kitschige Banner mit der Aufschrift „Merry Christmas“ an der sonst relativ schmucklosen Decke. Auch haben wir unseren eigenen Weihnachtsbaum, der liebevoll aus irgendwelchen Resten der künstlichen Bäume in den Restaurants zusammengesetzt und reich verziert ist.
Mein persönliches Lieblingsstück der Weihnachtsdekoration jedoch ist das „Christmas House“, welches unser Tischler eigens angefertigt hat. Nur sehr entfernt erinnert es an das, was wir im europäisch-christlichen Kulturraum Raum unter einer Weihnachtskrippe verstehen – soll aber einen ähnlichen Zweck erfüllen. Es symbolisiert das eigene Herz, die Tore und Türen weit geöffnet für die Ankunft Christi. Als mir unser Tischler das so erklärt hat, musste ich unweigerlich an das Weihnachtslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ denken – so fremd ist die philippinische Kultur also doch nicht, zumindest nicht was das Weihnachtsfest betrifft. Noch ist das große Tor geschlossen, soll dann aber wohl an Weihnachten geöffnet werden. Bis dahin ist der Platz vor dem Haus noch mit allerlei Plätzchen und Lebkuchen gefüllt, die der Sous Chef der Crewküche persönlich vorbeigebracht hat - und heute schon wieder Nachschub bringen musste !



Gestern hatten wir auch bereits eine Probe für unsere große Weihnachtsgala, die Mitglieder aller Abteilungen gemeinsam vorbereitet haben. Langsam gehen unserem Schneider auch die Galauniformen für Heiligabend aus !
Heute haben wir schließlich auch unsere echten Weihnachtsbäume geladen, von denen der Bootsmann einen persönlich weithin sichtbar am Radarmast angebracht hat. Leider verlieren die restlichen Tannen bereits nach einem halben Tag ihre Nadeln, da sie definitiv nicht für solch warme, trockene Luft wie hier in Dubai gemacht sind …

Mit diesen Eindrücken von der Weihnachtsstimmung bei uns an Bord verbleibe ich mit besten Grüßen aus dem persischen Golf ! Ich wünsche euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest !

Montag, 5. Dezember 2011

Der arme Heinz

Etwas mehr als 600 Personen arbeiten bei uns an Bord, von den Nautikern und Matrosen, Maschinisten und Elektrikern über Köche und Barkeeper bis zu Masseusen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Sicherlich ist der Eine Job darunter etwas angenehmer, während andere vielleicht etwas weniger angesehen sind.
Eindeutig den unangenehmsten Job an Bord hat jedoch Heinz.

Heinz ist der gefragteste Mann bei unseren zahlreichen Sicherheitsübungen. Soll etwa ein Person-über-Bord Manöver geübt werden, wird Heinz in das (in Ägypten oftmals unverschämt dreckige) Hafenbecken geworfen und treibt vor sich hin, in der Hoffnung, wieder herausgefischt zu werden. Sobald wir unser Rescue Boat zu Wasser gelassen haben, fahren wir auf Heinz zu - unter Umständen wird er erst einmal überfahren, bevor er tatsächlich aus dem Wasser gezogen wird. Dabei wiederum wird er unsanft an Armen und Beinen gepackt und mit Schwung in das Schlauchboot gewuchtet. Wieder an Bord, wird er mit kaltem Wasser am Boden liegend abgespült und in die pralle Sonne zum trocknen gelegt, wo er meistens den Rest des Tages regungslos verbringt. Abends wird er dann wieder in seiner Ecke verstaut, wo er sich bis zum nächsten Drill ausruhen darf.
Natürlich können wir mit Heinz nur so umgehen, weil wir wissen, dass er lediglich ein Fender mit aufgenähtem Ball ist, den man in einen Overall gesteckt hat …

Übungen gehören für die gesamte Besatzung zum Alltag. Beinahe täglich lassen wir Boote zu Wasser, simulieren einen Brand oder eine andere Gefahrensituation – so weiß jedes Besatzungsmitglied genau, was er oder sie im Ernstfall zu tun hat. Zu Beginn jeder Reise sind wir weiterhin verpflichtet, eine Seenotrettungsübung mit ausnahmslos allen Passagieren durchzuführen- und wenn ein Passagier nicht erscheint ist die Übung nicht vorher beendet, bis auch er den Weg zu seinem Sammelplatz gefunden hat.

Auch für uns sind die Übungen immer besonders spannend, gerade wenn wir gelegentlich selbst die Boote fahren dürfen – oder eben Heinz aus dem Wasser fischen!

Gestern haben wir für diese Saison das letzte Mal einen ägyptischen Hafen angelaufen und machen uns nun auf den Weg aus dem Roten Meer hinaus, durch den Golf von Aden in Richtung Persischen Golf. Dabei werden wir nächste Woche auch vor der somalischen Küste kreuzen – bekanntlich zur Zeit kein besonders sicheres Gebiet …

Hier nun also zum letzten Mal herzliche Grüße aus dem Roten Meer!